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Susanne Strässle

Hilfe, bin ich schuld an der Trennung?

Aktualisiert: 4. Juni 2023

Warum sich viele Frauen schuldig fühlen – obwohl es der Partner war, der sich trennte. Wie du dir damit unrecht tust. Und was dir deine Schuldgefühle dennoch Wertvolles mitgeben wollen.


Schuldgefühle nach der Trennung erleben auch verlassene Frauen.

Schmerz, Wut, Trauer, Angst, Verzweiflung – sie alle sind verständlich nach einem so tiefen Einschnitt wie einer ungewollten Trennung. Doch zu den häufigen Gefühlen, wenn der Partner gegangen ist, gehören bei vielen Frauen – Schuldgefühle.


Kennst du das? Ausgerechnet Schuldgefühle. Selbst wenn du enttäuscht, entsetzt und wütend bist, dass – und wie – dein Partner die Beziehung verlassen hat. Statt sich mit euch und mit euren Beziehungsproblemen auseinanderzusetzen, um das Gemeinsame zu retten, wie du es dir gewünscht hättest.


Warum bloss ist das so?

Schuldgefühle kommen auf, weil du nach dem Trennungsschock unweigerlich ins Hadern und Grübeln kommst. Weil für dich nicht nachvollziehbar ist, wie der Andere etwas so Wertvolles wegwerfen kann. Du kannst es dir vielleicht nur so erklären, dass du etwas getan haben musst, das ihn dazu getrieben hat.


Du merkst jetzt wieder, dass du gar nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf der Beziehung hattest, im Alltag gefangen warst. Dass du kein waches Auge für den Anderen hattest. Jetzt aber, wo der Partner gegangen ist, ist alle Aufmerksamkeit wieder bei ihm, und du kannst dir nicht mehr erklären, warum es je anders war.


Oder du machst dir grosse Vorwürfe: Warst du nicht viel zu kritisch? Hast dich beklagt, hast dich emotional gehen lassen, warst "schwierig" und bisweilen unerbittlich ...


Warum denken und fühlen wir jetzt so?


Weil wir nach der Trennung die letzten Beziehungsjahre kritisch begutachten. Oft ist da dann das Urteil, dass wir dem Anderen zu viel abverlangt haben. Es scheint uns wie Schuppen von den Augen zu fallen, jetzt, wo wir wieder aufgewacht sind, und plötzlich das Gefühl haben, dass wir doch eigentlich "alles hatten, was wir wollten". Und damals die Wahl gehabt hätten, Dinge anders zu machen. Doch dieses Schuldgefühl ist trügerisch.


Wir interpretieren nach der Trennung die Situation und unser Handeln vom Ende her neu. Aus einer Perspektive, die es vorher nicht gab. Und wir werten Bedürfnisse ab, die wir damals tatsächlich hatten.


Es gehört nun mal zum gelebten Alltag, dass wir nicht immer hellwach sein können und verständnisvoll auf allen Ebenen. Wenn die Kinder gerade für die Prüfung lernen müssen, die Waschmaschine kaputt ist, die Schwiegermutter krank oder die morgige Sitzung uns Bauchweh macht. Es ist leider nicht so – zumindest für alle von uns, die noch nicht erleuchtet oder heiliggesprochen sind –, dass wir jeden Tag leben können, als wäre es unser letzter.


Wenn du jetzt denkst, wäre ich doch nicht so gereizt und nörgelig gewesen. Dann frage dich auch: Wäre es tatsächlich besser gewesen, dich zu verleugnen und zu verbiegen, wenn deine Beziehung nur so zu retten gewesen wäre? Wäre es besser gewesen, nicht zu zeigen, wenn es dir nicht gut ging? Ist nicht die Beziehung der Ort, wo wir aufrichtig sein dürfen?


Und: Wollte nicht genau diese Unzufriedenheit uns etwas sagen? War sie nicht eine gesunde und wache Reaktion auf etwas, das aus dem Gleichgewicht geraten war?


Vielleicht willst du lernen, dein Unbehagen künftig anders auszudrücken. Dass das in deiner Beziehung nicht gelungen ist, heisst wiederum nicht einfach, dass du "schuld bist", sondern kann auch bedeuten, dass das für dich in dieser Beziehung nicht möglich war. Was wiederum nicht einfach bedeutet: Der andere ist schuld. Sondern: Was muss eine Beziehung dafür für einen Boden bieten? Was solltest du künftig für dich sicherstellen. Das wiederum liegt in unserer eigenen Verantwortung.


Wenn wir uns tatsächlich für unser Verhalten schuldig fühlen, etwa, weil wir etwas verheimlicht haben, dann zeigt uns das oft, dass wir einen für uns selber wichtigen Wert ausser acht gelassen haben. Dem können wir künftig mehr Beachtung schenken.


Das zeigt: Schuldgefühle scheinen oft wenig hilfreich, da rückwärtsgewandt. Dennoch können wir viel von ihnen lernen – für die Zukunft.


Schuldgefühle haben darüber hinaus noch eine weitere interessante Komponente. Wenn wir das Gefühl haben «schuld zu sein», so bedeutet das, dass wir glauben, wir hätten etwas (anders) tun können, um ein anderes Resultat zu erzeugen. Manchmal ist es für uns einfacher, uns schuldig zu fühlen als machtlos. Einfacher, als anzuerkennen, dass das, was jetzt geschieht, nicht in unserer Hand ist. Weil der Andere ein eigenständiger Mensch ist. Auch wenn wir das in einer Beziehung kaum noch wahrnahmen.


Die gute Nachricht ist: Auch du bist ein eigenständiger Mensch, der weder seinen Schuldgefühlen noch einer Situation hilflos ausgeliefert ist. Du kannst das jetzt für dich (wieder) entdecken.


Irgendwann wirst du vielleicht sogar darüber staunen zu erkennen, dass unsere Schuldgefühle uns nicht einfach sinnlos quälen wollten, sondern dass wir hier etwas Wichtiges lernen dürfen für eine glückliche und selbstbestimmte Zukunft. Einer Zukunft, in der auch die Schuldfrage selbst keine Hauptrolle mehr spielt.


Diese Erfahrung wünsche ich dir von Herzen!


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